Die immer drängenderen Forderungen an CO2-senkende Maßnahmen haben zu einem deutlich gestiegenen Klimabewusstsein auch in der Bevölkerung geführt - und zu immer mehr Biomasse-Heizungsanlagen. In vielen Gebieten hat die Zahl solcher Heizungsanlagen stark zugenommen - so sehr, dass sich der Gesetzgeber in diesem Jahr veranlasst sah, einige technische Änderungen im Bereich der Schornsteinhöhe zu verlangen. Ziel ist dabei vor allem der bessere Schutz der Menschen vor Feinstaub und Schadstoffen. Wir erklären in unserem Beitrag ausführlich, wann und für wen die Gesetzesänderungen zur Schornsteinhöhe gelten und welche Maßnahmen im Einzelnen bei Neubau eines Edelstahlschornstein zu treffen sind.
Gültigkeit lediglich für neu errichtete oder wesentlich veränderte Schornsteine
Für die Besitzer bestehender Heizungsanlagen ändert sich grundsätzlich nichts - die Regelung betrifft vor allem neu errichtete Biomasse-Heizungen und deren Schornsteine. Als "bestehend" gilt eine Anlage dabei dann, wenn sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der neuen Verordnung, am 1. 1. 2022, bereits installiert sind. Für diese Anlagen gelten weiterhin die bisherigen Vorschriften.
Die neue Verordnung, in vollem Wortlaut "Erste Verordnung zur Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen" ist allerdings dann anzuwenden, wenn bereits zuvor bestehende Anlagen nach dem 1. 1. 2022 wesentlich geändert werden. Was eine wesentliche Änderung im Sinne des Gesetzes darstellt, muss im Einzelfall beurteilt werden. Vor größeren Änderungen sollte man daher mit dem zuständigen Bezirksschornsteinfeger klären, welche baulichen Voraussetzungen bei der Abgasanlage eingehalten werden müssen.
Ausnahme: Austausch von alten Ölheizungen gegen eine Biomasseheizung
Das weitgehende Verbot der zukünftigen Neuinstallation von reinen Ölheizungen ab dem Jahr 2026 führt dazu, dass viele Hausbesitzer die alte Ölheizung bereits heute gegen eine moderne Biomasse-Heizung austauschen. Auch bei einem solchen Austausch von bestehenden ölbetriebenen, für die es übrigens aktuell hohe staatliche Förderungen gibt, gegen eine neue Biomasse-Heizungsanlage gelten die alten Vorschriften weiter. Der Schornstein muss in diesem Fall also nicht an die neuen Vorschriften angepasst werden, auch wenn der Austausch nach dem 1. 1. 2022 erfolgt.
Von den Änderungen betroffene Heizungsanlagen
Die von der "Änderung der Verordnung über kleine und mittlere Heizungsanlagen betroffenen Heizungsanlagen" sind ausschließlich Festbrennstoff-Heizungsanlagen. Als Festbrennstoffe gelten:
- Kohle und kohleartige Brennstoffe
- Holz (Scheitholz)
- Holzpellets
- Hackschnitzel
Dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen zentralen Heizkessel (Hauszentralheizung) oder um eine Einzelraumfeuerungsanlage (Kaminofen / Kachelofen / Festbrennstoffherd / Kamineinsatz / Grundofen) handelt. Beide Arten von Feuerungsanlagen werden von der neuen Vorschrift erfasst, wenn sie nach dem 1. 1. 2022 neu eingebaut werden.
Wichtig ist dabei, dass auch privat genutzte Räucherschränke ebenso wie gewerblich genutzte Holzkohlegrill-Anlagen oder Räucherkammern von den neu geänderten Vorschriften mit erfasst werden.
Einzige Ausnahmeregelung
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn bestehende Einzelraumfeuerungsanlagen durch eine neue Anlage ersetzt werden. In diesem Fall muss der Schornstein nicht angepasst werden. Wer lediglich seinen bestehenden Kaminofen oder Kachelofen durch einen neuen ersetzt, muss also nichts anpassen.
Abweichende Vorgaben bei sehr hohen Leistungen
Für besonders leistungsfähige Wärmeerzeuger hat der Gesetzgeber ebenfalls eine Ausnahme verfügt: Für Wärmeerzeuger mit einer Leistung von mehr als 1 MW (Megawatt, entspricht 1.000 kW) gelten spezielle neue Regelungen, auch für Gas- und Ölfeuerungsanlagen. Mit dieser Ausnahme bewegt man sich aber eher schon im Bereich von Wärmekraftwerken - selbst sehr große, alte und völlig ungedämmte Einfamilienhäuser haben nur selten Heizungsanlagen mit Leistungen größer als 30 kW und auch bei sehr großen Wohnanlagen kommt man selten in den Bereich von mehreren hundert kW. Für Hausbesitzer ist diese Sonderregelung also weitgehend unerheblich.
Welche Änderungen sieht die neue Vorschrift konkret vor?
Die Änderungen betreffen vor allem die geforderte Höhe des Schornsteins über Dach, die durch die neue Verordnung in vielen Fällen deutlich erhöht wurde. Dabei muss zunächst einmal unterschieden werden zwischen Dachneigungen unter 20° und Dachneigungen über 20°. (Wenn Sie die Neigung Ihres Dachs nicht kennen, erfahren Sie hier, wie Sie sie ganz einfach berechnen können).
Dachneigungen unter 20°: Bei Dachneigungen bis einschließlich 20° gelten weiterhin die alten Bestimmungen: der First muss um mindestens 40 cm überragt werden, bei firstfern montierten Schornsteinen gilt weiterhin ein vertikaler Abstand von der Dachfläche von mindestens 100 cm.
Dachneigungen über 20°: Bei Dachneigungen von mehr als 20° gilt bei am First befindlichen Schornsteinen ebenfalls eine Mindesthöhe von 40 cm über dem First. Die Austrittsöffnung muss bei anderen Montagearten einen horizontalen Abstand von mindestens 2,30 m zur Dachfläche aufweisen. In der Praxis bedeutet das also, dass fast ausschließlich firstnahe Bauweisen infrage kommen werden. Tatsächlich fordert die Verordnung auch ausdrücklich eine "firstnahe Anordnung" des Schornstein. Firstnah wird dabei durch zwei Kriterien definiert:
- der horizontale Abstand der Austrittsöffnung des Schornsteins vom First ist kleiner als der horizontale Abstand der Austrittsöffnung von der Traufe
- der vertikale Abstand der Austrittsöffnung vom First ist größer als der horizontale Abstand zum First
Zusätzlich müssen im Umkreis von 15 m die Oberkanten von allen Lüftungsöffnungen, Türen und Fenstern von der Schornsteinmündung um mindestens 1 m überragt werden.
Sonderreglung für leistungsfähigere Anlagen ab 50 kW
Für sehr leistungsfähige Festbrennstoff-Heizungsanlagen mit einer Leistung von über 50 kW vergrößert sich der zuvor geforderte Umkreis um 2 m. Ab Leistungen von 100 kW erweitert sich dieser Umkreis um jeweils weitere 2 m pro angefangenen 50 kW Heizungsleistung. Ab Leistungen von 1 MW gelten, wie schon erwähnt, dann Sonderregelungen.
Praktische Auswirkungen für Hausbesitzer
Die neuen Vorschriften werfen natürlich die Frage auf, was sich durch diese Neuregelung vor allem für Hausbesitzer ändern könnte. Für bestehende Anlagen oder dem Umbau der alten Ölheizung ändert sich, wie schon erwähnt nichts. Der Neubau eines Hauses oder der Neueinbau eines Schornsteins bringt jedoch einige ernstzunehmende Beschränkungen mit sich.
Da künftig die Position des Schornsteins auf dem Dach weitgehend in Firstnähe vorgegeben ist, kann der Schornstein nicht mehr nach Belieben an gerade passender Stelle an der Dachfläche münden. Für die Planung eines Neubaus bedeutet das unter Umständen beträchtliche Änderungen, da nun vieles um die vorgegebene Schornsteinposition herum geplant werden muss.
Dadurch wird in vielen Fällen wohl auch eine umfassendere Beratung durch den Schornsteinfeger und viel häufiger eine Einbeziehung des Schornsteinfegers in die konkrete Planung erforderlich werden.
Bei sehr großen Anlagenleistungen könnten im Einzelfall sehr hohe Schornsteinhöhen erforderlich werden - was wiederum zu einer problematischen Situation mit der Statik führen könnte. Wird die zulässige Kraglänge des Schornsteins überschritten, muss sehr viel aufwendiger mit Abspannungen gearbeitet werden - im Extremfall könnten dann sogar zusätzliche statische Nachweise zu erbringen sein. Im Bereich des Einfamilien- und Mehrfamilienhausbaus wird dieses Problem aber vermutlich dennoch nur selten auftreten.
Sollte der Aufwand im Einzelfall wirklich unerheblich werden, könnte man gegebenenfalls eine Ausnahme beantragen und weiterhin nach den bisher geltenden Regeln bauen - dem hat der Gesetzgeber in der Verordnung aber enge Grenzen gesetzt. Eine solche Ausnahme wird wohl nur in sehr wenigen, ganz speziellen Fällen genehmigt werden.
Als positiver Nebeneffekt könnte sich für Hausbesitzer aber bei der neu geregelten Bauweise das geringere Risiko für Beschwerden aus der Nachbarschaft erweisen, da sich Abgase nach den neuen Bauregeln nun kaum mehr zwischen den Häusern sammeln können. Auch die möglichen Gesundheitsgefahren durch Schadstoffe werden deutlich minimiert.
Welche Begründung gibt es eigentlich für die Neuregelung?
Auf den ersten Blick wirken die detailliert formulierten Abstandsregeln vor allem übermäßig bürokratisch. Tatsächlich gibt es für die Vorschriften aber eine ganze Reihe von wichtigen technischen und vor allem ökologischen Gründen.
Beim Verbrennen von Festbrennstoffen entsteht einerseits Feinstaub, andererseits werden aus dem Schornstein auch viele "unsichtbare" aber stark gesundheitsschädliche Stoffe als Nebenprodukte freigesetzt. Die gefährlichsten dieser Stoffe sind Benzo(a)pyren, Dioxine, Furane und eine Reihe von PAKs (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe).
Neue Ableitbedingungen wurden notwendig
Die bisher geltenden Ableitbedingungen und Vorgaben reichten nicht aus, um wirklich sicherzustellen, dass diese gefährlichen Abgasstoffe (und daneben auch Rauch und unangenehme Gerüche) vom Wind und den freien Luftströmungen weggetragen werden. Besonders in dichter bebauten Gebieten kommt es immer wieder vor, dass Rauch und Schadstoffe in die sogenannte Rezirkulationszone des Gebäudes gelangen und sich damit zwischen den Häusern sammeln und eine latente Gesundheitsgefahr für die Bewohner des Hauses und die Nachbarschaft bedeuten. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber hier nachgebessert, um sowohl die Gesundheitsgefahren für die Bürger als auch die mögliche Minderung der Lebensqualität deutlich zu verringern.
Feinstaubbelastungen würden ohne die Neuregelung zukünftig immer mehr zum Problem werden
Angesichts von immer größeren Zahlen von Biomasse-Heizungen in deutschen Gebäuden dürfte die Neuregelung auch dringend notwendig geworden sein. Aktuell sind rund 1 Million Festbrennstoffkessesl und rund 12 Millionen Einzelraumfeuerungsanlagen in Deutschland in Betrieb. Bereits 2016 hatten dem Umweltbundesamt zufolge Holzheizungen im Haushalt während der Heizperiode einen Anteil von 10 - 20 % (je nach Partikelgröße), durch die starke Verbreitung von Holz- und Pelletheizungen in den letzten Jahren dürften diese Werte heute bereits beträchtlich höher liegen.
Die Feinstaub-Werte werden allerdings nur selten explizit für Holzheizungen ausgewiesen, da dies eine aufwendige Messung über sogenannte Tracer (Zeigersubstanzen, etwa Levoglucosan) notwendig machen würde. Eine laufende Kontrolle der Feinstaubbelastung speziell durch laufende Holzheizungen erfolgt daher nicht.
Das Umweltbundesamt geht allerdings bislang nicht davon aus, dass Grenzwerte bisher überschritten werden - dennoch gibt es bereits seit geraumer Zeit in feinstaubbelasteten Gebieten wie in Stuttgart sogar ein Verbot des Betriebs von Komfort-Kaminen (Kaminöfen, die nicht zwingend zur Raumheizung erforderlich sind) während Zeiten von Feinstaub-Alarm.
Mit der (aus ökologischen und klimaschutztechnischen Gründen auch ausdrücklich gewünschten) starken Zunahme der Biomasse-Heizungen verschärft sich somit auch die Grundproblematik sehr schnell. Besonders in sogenannten austauscharmen Wetterlagen könnte es gegebenenfalls zu sehr hohen Feinstaub-Belastungen in einzelnen Gebieten kommen - mit entsprechenden gesundheitlichen Risiken für die Bewohner.
Leistungsfähigere Anlagen mit höheren Emissionen werden nun stärker berücksichtigt
Stärker mitberücksichtigt hat der Gesetzgeber bei der erfolgten Änderung auch die Anlagenleistung: größere Anlagenleistungen bedingen deutlich höhere Feinstaubfrachten und eine deutlich erhöhte Menge an möglichen Schadstoffen - die Regeln müssen mit steigender Anlagenleistung also zunehmend schärfer gesetzt werden. Das ist technisch gesehen vermutlich mit der neuen Regelung ausreichend gelungen.
Könnten weitere zusätzliche Regelungen kommen?
Der aktuellen Regelung wurde sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat zugestimmt - allerdings nicht ohne den kritischen Hinweis der Ländervertreter, dass die Neuregelung immer noch Bezüge auf ältere DIN-Normen und europäische Rechtsvorschriften enthält. Diese Bezüge auf veraltete Normen könnten gegebenenfalls noch korrigiert werden - wodurch die Verordnung nachfolgend neu veröffentlicht würde.
In der Sache dürfte sich dadurch allerdings zunächst einmal nichts grundlegend ändern. Ihren Zweck, die ausreichende Ableitung von Abgasen, Feinstaub und gesundheitsschädlichen Stoffen in jedem Fall sicherzustellen, erfüllt die Verordnung in der vorliegenden Form ja in technischer Hinsicht bereits ausreichend.
Die wichtigsten Punkte in Kürze
- werden Feuerungsanlagen mit Festbrennstoffen (Kohle, Holz, Pellets, Hackschnitzel) neu errichtet, gelten ab 1. 1. 2022 geänderte Vorgaben für Schornsteinhöhen
- die Vorschriften gelten auch für den Neueinbau von Kaminöfen, Holzherden, Kachelöfen sowie Räucherkammern und gewerblichen Holzkohlegrillanlagen
- ausgenommen sind der Austausch oder die Erneuerung von bereits bestehenden Anlagen oder Heizungen (vor dem 1. 1. 2022 installiert)
- ebenfalls ausgenommen ist der Umbau von alten Ölheizungen auf Biomasseheizungen
- beim Neubau müssen nunmehr Schornsteine firstnah münden und den First um mindestens 40 cm überragen
- Schornsteinhöhen und Abstandsregelungen hängen nunmehr stärker von der Anlagenleistung ab
- Grund für die Neuregelung ist, eine Feinstaub- und Schadstoffansammlung zwischen Häusern sicher auszuschließen und jederzeit einen sicheren Abtransport von Abgasen und Schadstoffen über natürliche Luftströmungen zu gewährleisten